"Es ist unmöglich, sich zu langweilen"

"Ich weiß gar nicht, wo die Jahre geblieben sind", sagt Jürgen Mendow. Der 81-Jährige ist seit März 2013 regelmäßiger Gast in der Tagespflege der Arbeiterwohlfahrt Spandau im Herbert-Kleusberg-Haus.

Immer mittwochs und freitags freut er sich darauf, vertraut gewordenen Menschen zu begegnen und sich mit ihnen auszutauschen.Was ihm hier am besten gefällt? “Dass ich mich mit Leuten unterhalten kann. Dann kann ich meiner Frau zuhause immer wieder etwas Neues berichten.” Auch Jan Berwid-Buquoy schätzt die Gespräche sehr. Er ist 77 Jahre alt, hat in Politikwissenschaft und Philosophie promoviert und schöpft bei den Diskussionen über Theater, Musik, Politik und Geschichte aus den Erfahrungen eines sehr bewegten Lebens. Nach einem Schlaganfall vor zwei Jahren sollte er eigentlich nur vorübergehend in der Tagespflege betreut werden, doch er fühlt sich hier so wohl, dass auch er zweimal in der Woche hier ist. Seine Frau, mit der er seit 40 Jahren verheiratet ist, ist im Heim. Er selbst wird zuhause zwei- bis dreimal pro Woche von einem Pflegedienst versorgt. “Aber dort vermisse ich die Gespräche, ich freue mich auf Jürgen. Wir ergänzen uns gegenseitig.” 

Beide werden morgens um 8:30 Uhr von einem Fahrdienst abgeholt und in die Grimnitzstraße 6C gebracht. Der Tag fängt mit einem gemeinsamen Frühstück an, ab 12 Uhr gibt es Mittagessen, nachmittags Kaffee und Kuchen. Wer mag, kann sich bei der Zubereitung der Mahlzeiten einbringen: Jürgen Mendow hilft gerne mal beim Kartoffeln schälen, Jan Berwid-Buquoy hat hier sogar schon einmal ein ganzes Gericht selbst gekocht, "Hähnchenschenkel mit Rosinensauce".

Auch außerhalb der Mahlzeiten gibt es ein buntes, vielfältiges Angebot: morgens Gymnastik, danach Gedächtnistraining, Bingo, gemeinsames Zeitung-lesen, Maltherapie und vieles mehr. Zum Beispiel auch improvisiertes Kegeln im Flur und alle 14 Tage freitags Disco mit DJ Börni. "Das ist nicht nur Zeitvertreib, sondern gut für die Beanspruchung des Körpers, selbst nach einem Schlaganfall", erzählt Jan Berwid-Buquoy. Alle Angebote sind freiwillig, "hier wird niemand zu etwas gezwungen", betonen die beiden Männer. Pflegedienstleitung und Fachkräfte schätzen sie sehr: "Sie vermitteln einem ein gutes Gefühl".

Wer mag, kann sich jederzeit in den Ruheraum zurückziehen oder bei schönem Wetter die große Außenterrasse mit Duftgarten und direktem Zugang zum Südpark genießen. Oder auch selbst Vorschläge für die Gestaltung machen: Jürgen Mendow beispielsweise bringt gesammelte Zitate mit, liest sie vor und dann wird darüber diskutiert. "Wenn Sie denken, können Sie sich nicht langweilen", sagt sein Tischnachbar. "Es ist unmöglich, sich zu langweilen." Wenn der Fahrdienst die Gäste gegen 15:30 Uhr wieder abholt, freuen sie sich schon auf ihre nächste Begegnung in der Tagespflege.
Übrigens: Wer sich in den Räumlichkeiten mal umschauen mag, findethier 360 Grad-Aufnahmen unserer Tagespflege.